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Das Olympia-Power-Ranking zum Fußball-Turnier der Frauen
Am Donnerstag starteten die Frauenfußball-Nationalmannschaften bereits einen Tag vor der offiziellen Eröffnungsfeier in das olympische Turnier. Welche Mannschaften die besten Chancen auf die Medaillen haben, erfahrt ihr im 90min-Power-Ranking.
Auch wenn Sambia in der Fußball-Weltrangliste “nur” Platz 64 belegt, ist die Nation mittlerweile keine Unbekannte mehr. Das gilt speziell auch gegenüber dem deutschen Team, das sich letztes Jahr überraschenderweise in einem Testspiel gegen die Copper Queens geschlagen geben musste. Hauptverantwortlich dafür waren die beiden Starspielerinnen Barbra Banda (Orlando Pride) und Racheal Kundananji (Bay FC), aktuell die beiden teuersten Transfers aller Zeiten im Frauenfußball. Letztere wechselte zur Winterpause für die Rekordsumme von 805.000 Euro in die USA.
Allerdings machte Sambia in der jüngeren Vergangenheit vor allem in Form von Trainer Bruce Mwape Negativ-Schlagzeilen, der seine Positon gegenüber den Spielerinnen mehrfach ausgenutzt und einige sogar sexuell missbraucht haben soll. Während Olympia ist dem Trainer jeglicher privater Kontakt mit seinen Spielerinnen verboten. Als Teil von Gruppe B ergibt sich für die deutsche Mannschaft in der dritten Partie der Gruppenphase die Gelegenheit auf eine Revanche für die jüngste Niederlage. Doch dazu muss erst einmal eine Lösung gefunden werden, um die schnellen sambischen Gegnerinnen zu stoppen.
Im vergangenen Jahr hieß es für WM-Gastgeber Neuseeland bereits nach der Gruppenphase Abschied nehmen. In Frankreich soll es nun anders ablaufen, doch das wird keine leichte Aufgabe. Die ganz großen Namen sind im Kader der Football Ferns nicht zu finden. Die wohl bekannteste Akteurin und Kapitänin Ali Riley musste vor dem Turnierstart aus medizinischen Gründen kurzfristig absagen. Für die Spielführerin wurde Michaela Foster von Auckland United nachnominiert.
Ein weiterer Deutschland-Schreck neben Sambia ist in Gruppe A mit Kolumbien vertreten. Bei der letztjährigen Gruppenphase war es das 19-jährige Talent Linda Caicedo von Real Madrid, welches das frühe Aus des DFB-Teams mit ihrer individuellen Klasse einleitete. Daraufhin scheiterten die Südamerikanerinnen erst im Viertelfinale an England und haben spätestens da ihren Anspruch auf höhere Ziele für die Zukunft gestellt.
Neben Caicedo befindet sich mit Mayra Ramírez ein weiteres bekanntes Gesicht unter den Chicas Superpoderosas, die Deutschlands Sjoeke Nüsken bestens bekannt sein sollte. Beide stehen derzeit beim englischen Rekordmeister FC Chelsea unter Vertrag.
Mit Nigeria ist Afrikas erfolgreichste Nation im Fußball der Frauen vertreten. Insgesamt gelang es dem Team bereits elf Mal, den Women’s Africa Cup of Nations zu gewinnen und gilt demnach immer als herausfordernder Gegner, der auch die vermeintlich “größeren” Nationen ärgern kann, wie etwa Gastgeber Australien bei der WM 2023.
Den bislang größten Erfolg bei Olympia verzeichneten die Super Falcons im Jahr 2004 mit dem erfolgreichen Einzug ins Viertelfinale, in Frankreich ist es die insgesamt vierte Teilnahme an den Olympischen Spielen. Bekannteste Spielerin bei Nigeria ist wohl Asisat Oshoala, die bis vor kurzem noch beim FC Barcelona unter Vertrag stand und mittlerweile in den USA für Bay FC aufläuft.
Es waren die Kanadierinnen, die sich bei den letzten Olympischen Spielen in Tokio die Goldmedaille gesichert haben. Trotzdem wird die Mannschaft beim diesjährigen Turnier nicht zwingend im engeren Favoritenkreis geführt. Dies liegt zum einen am Abschied von Kapitänin und Leaderin Christine Sinclaire, der besten internationalen Torschützin aller Zeiten (sowohl im Männer- wie im Frauenfußball), die zuletzt ihre Karriere beendete.
Hinzu kommen Streitigkeiten mit dem kanadischen Verband um unzureichende Bezahlungen und mangelhafte Trainingsbedingungen. Unter der neuen Kapitänin Jessie Fleming geht ein verändertes Team ins Rennen, das trotz allem große Ambitionen hat. Infolge einer Drohnen-Spähmaßnahme, die von Kanada auf den ersten Gruppengegner Neuseeland ausgegangen ist, wurde unter anderem Trainerin Bev Priestman für den Rest des Turniers suspendiert.
Für Brasilien handelt es sich in diesem Jahr um ein ganz besonderes Turnier. Denn es stellt den letzten großen Auftritt von Marta – bereits jetzt eine Legende im Fußball der Frauen – auf der internationalen Bühne dar. Die 38-Jährige hat bereits vor der Reise nach Frankreich angekündigt, dass sie dort ihre letzten Partien im Brasilien-Trikot spielen wird.
Für die Offensivakteurin ist es bereits das sechste Mal, dass sie bei Olympia teilnimmt – Rekord im Fußball der Frauen. Bisher gelang es ihr zwei Male, die Silbermedaille zu gewinnen. Nun hat sie mit der Seleção die Chance, sich mit einem Erfolg zu verabschieden.
Nach dem enttäuschenden frühen Gruppen-Aus bei der WM im letzten Jahr geht es für die deutsche Mannschaft auf Wiedergutmachungstour. Nachdem sich die DFB-Frauen für die letzte Ausgabe der Olympischen Spiele nicht qualifizieren konnten, wollen die Gold-Gewinnerinnen von 2016 wieder vorne angreifen.
Allerdings muss die Mannschaft um Interimstrainer Horst Hrubesch auf Mittelfeldregisseurin Lena Oberdorf verzichten, die sich im letzten Testspiel vor dem Turnier einen Kreuzbandriss zuzog. Die nachnominierte Janina Minge (VfL Wolfsburg) erhielt gleich im ersten Gruppenspiel gegen Australien die Chance von Beginn an neben der zurückegezogenen Kapitänin Alexandra Popp. Die deutsche Mannschaft um das gehäkelte Maskottchen Ottienne will auch Interimscoach Horst Hrubesch ein letztes Mal ehren, bevor er seine Aufgabe an Nachfolger Christian Wück abgibt.
Kann das DFB-Team die Eindrücke vom 3:0-Auftaktsieg gegen Australien auch gegen die USA bestätigen, scheint der Traum von der Medaille realistisch zu sein – und Deutschland im Ranking entsprechend nach vorne rücken.
In Guppe B wartet mit den USA auch der olympische Rekordsieger im Fußball der Frauen auf das DFB-Team. Das USWNT konnte bereits vier Mal Gold holen sowie ein Mal Silber und bei den letzten Spielen in 2021 Bronze. Doch die goldenen Tage der US-Amerikanerinnen scheinen gezählt zu sein. Nicht nur an der Seitenlinie gab es mit der Verpflichtung von Ex-Chelsea-Trainerin Emma Hayes Veränderungen, auch der Kader ist in den letzten Jahre neu zusammengestellt worden.
Alex Morgan etwa, zweifache Weltmeisterin, wurde zum ersten Mal nicht für ein großes Turnier nominiert. An ihrer Stelle sind junge aufstrebende Spielerinnen wie Sophia Smith, Trinity Rodman und Mallory Swanson nun gesetzt. Das Aus im Achtelfinale bei der letzten WM hat gezeigt, dass der Umbruch im Team USA zu dem Zeitpunkt noch nicht vollendet gewesen war. Allein aufgrund der Erfolge in der Vergangenheit wird das US-Team immer noch unter den Favoriten aufgeführt. Langsam aber sicher müssen die Spielerinnen diese Erwartungshaltung nun aber wieder mit Siegen belegen.
Bei der Heim-WM 2023 feierte der Fußball der Frauen großen Fan- und Aufmerksamkeitszuwachs in Australien. Dies ist vornehmlich auf das leidenschaftliche Auftreten der Matildas zurückzuführen, die das Turnier von den Zuschauer:innen getragen erfolgreich auf Platz vier beendeten. Dabei kam Starspielerin Sam Kerr nur in den letzten Spielen zum Einsatz.
Bei Olympia muss Australien erneut auf die Rekordspielerin verzichten, die aufgrund eines Kreuzbandrisses aussetzen muss. Doch die Spielerinnen haben bereits vor einem Jahr bewiesen, dass sie auch ohne ihre Kapitänin erfolgreich sein können. Unter anderem aus diesem Grund rückte etwas unerwartet auch Stürmerin Michelle Heyman wieder in den Kader, die zuvor eigentlich ihre Nationalmannschaftskarriere beendet hatte. Sie soll als eine der Backup-Optionen für Kerr im Angriff herhalten.
Die Japanerinnen verzauberten beim Wettbewerb in Australien und Neuseeland das Publikum durch die Art und Weise, wie einfach Fußball sein kann, wenn die ganze Mannschaft an einem Strang zieht. Unter Trainer Futoshi Ikeda spielt die japanische Mannschaft neben den Spanierinnen wohl den schönsten Fußball auf internationaler Ebene. Im direkten Duell mit La Roja bei der WM 2023 gelang den Japanerinnen sogar ein klarer 4:0-Erfolg in der Gruppenphase.
Namen wie Aoba Fujino, Hinata Miyazawa und Fuka Nagano sollten sich Fans merken, die nach technisch versierten zukünftigen Topspielerinnen Aussicht halten.
Nicht zuletzt der Heim-Vorteil für Frankreich sollte beim olympischen Turnier eine große Rolle spielen. Auch wenn Les Bleus bei der Heim-EM 2019 das Glück nicht hold war, ist die Hoffnung auf eine Medaille in diesem Jahr groß.
Das Talent und die Qualität im Kader sind dafür auf jeden Fall gegeben. Allerdings gelang trotzdessen schon lange kein großer Erfolg mehr auf internationaler Ebene. Die Französinnen haben in jüngerer Vergangenheit nicht viel gerissen, da sie häufig noch unter ihren Qualitäten spielen. Vielleicht kommt das Heim-Turnier gerade zum richtigen Zeitpunkt, um endlich mal wieder ein Ausrufezeichen zu setzen.
Wenn man das spanische Team betrachtet, ist es schwierig, Argumente zu finden, warum diese Spielerinnen nicht die Goldmedaille holen sollten. Nicht nur geht La Roja als amtierender Weltmeister mit einigen der besten Spielerinnen der Welt mit Aitana Bonmatí und Alexia Putellas in das Turnier, sondern in gewisser Weise auch mit einer neuen Befreitheit unter Trainerin Montse Tomé, die nach dem Skandal um Ex-Trainer Jorge Vilda und Luis Rubiales, Ex-Präsident des Spanischen Fußballverbands, übernommen hat.
Die Spanierinnen bestechen vor allem durch ihr schnelles Kombinationsspiel, geprägt von Spielerinnen aus dem Kader des FC Barcelona, des amtierenden Champions League-Siegers. In Hinblick auf die Goldmedaille sind sie der klare Favorit Nummer eins.